Der große Augenblick war gekommen. Ich stand mit schwarzem Anzug, zitternden Knien und hochrotem Kopf hinter der Bühne und wartete auf das Kommando diese zu erklimmen. Schemenhaft konnte ich die wartenden Zuschauer und eine Reihe von Fotografen und Kameraleute erkennen. Als ich meinen Blick für einen Moment nach oben schwenkte, fürchtete ich kurz einen Herzinfarkt zu bekommen. Denn auf den oberen Etagen standen unzählige Menschen. Wie in einem Theater guckten sie von den Rängen herab und warteten. Worauf? Auf mich! Hilfe!
Doch leider bot sich mir keine Gelegenheit mehr, all die Fluchtpläne, die mir in diesem Moment durch den Kopf schossen, in die Tat umzusetzen. Denn in diesem Augenblick erklang aus dem Hintergrund eine Stimme: „Nüng, song saam (eins, zwei drei)“. Das war das verabredete Signal. Jetzt gab es kein zurück mehr. Es ging los.
Ich nahm also die drei Stufen auf die Bühne, ließ das Schicksal seinen Lauf nehmen und lief los. Erst in die Mitte und dort stehen bleiben. Lächeln. Nach vorne gehen. Stehen bleiben und nicht die Menschen zählen, die dort stehen. Lächeln! Dann nach links, nach rechts und bitte die Hände wieder aus den Hosentaschen nehmen. Gut so. Jetzt nur noch unallfrei von der Bühne und geschafft. Meine Premiere als Model war geglückt. Ohne Sturz, offene Hose und fliegende Mangos. Das Problem war nur, ich musste da noch mal hoch und zwar bald.
Doch auch die anderen Auftritte verliefen ohne größere Probleme und Komplikationen. Ich verinnerlichte recht schnell den Ablauf der „Show“ und gewöhnte mich an meine neue Aufgabe. Einmal auf der Bühne, entpuppte ich mich als wahre Rampensau. Ich genoss das warme Scheinwerferlicht, absolvierte in gemächlichem Tempo das einstudierte Programm und schaffte es sogar nicht allzu gequält zu lächeln. Ich war für die Bühne geboren, zumindest bildete ich mir das ein.
Es war aber auch einfach eine schöne und ansprechende Veranstaltung, von der ich so ein Teil sein durfte. Unter dem Motto „Creative Fine Arts“ wurden an diversen Ständen künstlerische und kulturelle Produkte verschiedener Museen und Galerien vorgestellt. An jedem Abend, als Höhepunkt, fand eine etwa anderthalbstündige Show statt, in welcher die Produkte präsentiert wurden. Dort zwischen „Khon“-Performances und verschiedenen traditionell gekleideten Trachtengruppen, stolzierte auch ich über die Bühne.
Nachdem die drei Tage vorüber waren fragte mich meine Kollegin, ob ich auch im kommenden Jahr als Model zur Verfügung stehen würde. Ich fürchte ich habe ja gesagt.