Beobachtungen eines Schwitzenden

Man sieht es mir nicht an, doch ich bin ein treuer Nutzer eines Fitnessstudios. Es mag daran liegen, dass der Weg von meinem Sofa aufs Laufband oder ans Eisen keine drei Minuten dauert, in jedem Fall bin ich fast täglich hier.

In den ersten Wochen musste ich mich doch recht wundern, war das nun ein Foto- oder ein Fitnessstudio? Die Hälfte der anderen Besucher*innen war offensichtlich nicht zum schwitzen, sondern zum blitzen hier! Obschon in elegante Sportkleidung gehüllt, verbrachten sie deutlich mehr Anstrengung mit der Suche nach dem richtigen Foto als im Kampf gegen die Pfunde. Manchmal machte ich mir einen Spaß und fotografierte heimlich die Fotografierenden. Eines Tages werde ich eine Fotoausstellung veranstalten Titel: „Bilder eines Fitnessstudios.“

Selbstverständlich kenne ich als Stammkunde auch die anderen Sportler inzwischen recht genau. Manche mag ich gerne, einige sind ganz nett und einer nervt richtig. Um fair zu bleiben, in der nun kommenden Beschreibung dieses Mannes spielt sicherlich auch eine große Portion Neid meinerseits eine nicht zu unterschlagende Rolle. Er ist körperlich in der guten Verfassung, die ich gerne hätte und bestimmt nie erreichen werde.

Er ist sehr häufig und lange beim Training. Das muss er auch, schließlich verbringt er nur einen Bruchteil seines Aufenthaltes mit tatsächlicher körperlicher Ertüchtigung. In der üblichen Zeit steht er vor dem Spiegel, macht Bilder von sich und seinem Bauch und teilt diese umgehend in sozialen Netzwerken. Er verbringt soviel Zeit damit, verliebt den Spiegel anzuschmachten, man möchte rufen: “Nehmt euch ein Zimmer“. Ich bin mir sehr sicher, eines Tages komme ich zum Training und er murmelt versonnen: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der schönste Mann in Thailand?“

Zwischendurch hatte er mal die unangenehme Angewohnheit beim Pumpen unerträglich laute Handymusik hören zu wollen. Trotz seiner hart gestählten Muskeln hörte er weichgespülte Drecksmusik. Irgendeinen niederträchtigen, globalmonotonen Rotz. Ein bis zweimal blieb ich friedlich, dann schlug ich zurück.

Ich überlegte eine Zeit lang, womit ich maximal nerven könnte und entschied mich schließlich dazu, ihm Haftbefehl vorzustellen. Babba Haft lies erst die Affen aus dem Zoo und rollte danach mit seinem Besten. Seit diesem Tag hört mein Trainingskumpane seine Musik ebenso wie ich wieder ganz normal über Kopfhörer.

 

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