Ein Tempelmuseum entsteht I

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Die buddhistischen Tempel Thailands sind Orte der Ruhe, der Einkehr, der Religiosität und Spiritualität. Hier wohnen, beten und arbeiten die Mönche, hier finden die wichtigsten religiösen Feste und Rituale statt und sind die kostbarsten Heiligtümer aufbewahrt. Zugleich handelt es sich bei den Tempeln aber auch um über Jahrhunderte gewachsene soziale Keimzellen. Insbesondere in ländlichen Gebieten stellt der örtliche Wat (Tempel) den Kern des dörflichen Lebens dar und ist ein Treffpunkt für jung und alt. Nicht selten verfügen solche Tempel über kleine Schulen und Versammlungsräume, manche beheimaten sogar winzige Museen, in welchen ihre Schätze aufbewahrt und präsentiert werden.

Etwa zehn Kilometer nördlich der Kleinstadt Kamphaeng Saen befindet sich der Tempel Wat Phongam, dessen weitläufiges Gelände über prachtvolle Pagoden, eindrucksvolle goldene Buddhastatuen, eine kleine Tempelschule sowie einen dichten Bambuswald verfügt, dessen Schattenplätze zum ausgiebigen meditieren einladen. Auf der Anlage des Tempels hatten sich im Laufe der Zeit zudem unzählige Objekte unterschiedlichster Art und Herkunft angesammelt, die sich in den Räumlichkeiten stapelten und die inzwischen größtenteils in Vergessenheit geraten waren. Sie stammen aus den Sammlungen der Äbte, aus Spenden und den Hinterlassenschaften der Dorfbewohner.

Der derzeitige Abt beschloss bei einer Besichtigung der Speicher, dass diese Zeugnisse des dörflichen Lebens nicht länger vor sich hin rosten, schimmeln und gammeln sollten, sondern zurück ins Bewusstsein der Dorfgemeinschaft gehörten. Ein kleines Museum sollte her, welches den Objekten eine würdige neue Heimstätte bieten und zeitgleich das traditionelle ländliche Leben abbilden und illustrieren sollte.

Einige Zeit später, in welcher administrative Hürden genommen und Geld aufgetrieben werden musste, konnte die Arbeit beginnen. Unterstützt durch die Mitarbeiter des National Museums Nakhon Pathom, welche den Aufbau des Museum mit Rat, Tat und professionellem Sachverstand begleiten sollten, wurden die vorhandenen Objekte und Räumlichkeiten besichtigt und Pläne für das neue Museum geschmiedet. Ich selbst bin dem National Museum Nakhon Pathom sehr verbunden und seinetwegen schon in den Genuss so mancher fantastischer Veranstaltung gekommen. Daher erklärte ich mich selbstverständlich bereit, das Projekt mit meinen Ideen, meinen Händen und auch meinem Schweiß zu unterstützen.

Neben den Mitarbeitern des Museums und meiner Wenigkeit, hatten sich auch einige Kinder der Tempelschule und etliche ältere Dorfbewohner bereit erklärt, bei der Errichtung des Museums zu helfen. Als wir die Tempelanlage erreichten, erwartete uns bereits eine neugierige und voller Arbeitseifer strotzende Menge.

Zu Beginn mussten die vorhanden Objekte, die sich zu wahren Gebirgen in den Verschlägen des Tempels auftürmen, gesichtet, gesäubert, katalogisiert und verschiedenen Themen und Oberbegriffen zugeordnet werden. Hierbei war eine verblüffende, sich natürlich einstellende, Arbeitsteilung zu beobachten. Während die Jungen und Mädchen rasant von einer Ecke zur anderen flitzten und sich einander in der Anzahl der Gegenstände, die sie gleichzeitig tragen konnten, überboten, waren die „Professionellen“ darum bemüht dem ganzen einen Rahmen zu geben, wenn möglich die administrative Ordnung nicht ganz aus den Augen zu verlieren und Gegenstände aufzufangen, falls diese den Kindern in ihrem Eifer doch einmal aus den Händen rutschen sollten.

Die älteren Dorfbewohner standen etwas abseits und verfolgten das wuselige Treiben mit einer beneidenswerten Gelassenheit. Immer dann jedoch, wenn sowohl die Schulkinder als auch die „Professionellen“ ein Objekt mal so gar nicht zuordnen konnten, schlug ihre Stunde. Mit einem Male erwachten sie aus ihrem Schlummerzustand und verfielen in fachkundige Diskussionen über Art, Herkunft und Gebrauch des jeweiligen Gegenstands. Nicht selten wurden ihre Erklärungen mit spontanen Pantomimen und Schwänken aus ihrer Jugend veredelt.

Die meisten Objekte konnten der Jagd, der Landwirtschaft und dem Handwerk zugeordnet werden, es fanden sich jedoch auch zahlreiche religiöse Ornamente, Musikinstrumente, und Kochutensilien. Bei meinem Lieblings-Fundstück handelte es sich um einen Fleischwolf, tschechisch-sozialistischer Bauart, sehr ähnlich zu der Maschine, mit welcher meine geliebte Großmutter Weihnachten für Weihnachten die Zutaten für ihren köstlichen Gänsehals verquirlt hatte.

In der Mittagspause erlebte ich einen jener Thailand-Momente, die mich dieses Land und seine Menschen so sehr schätzen lassen. Etwa sieben herzallerliebste Damen jenseits der siebzig, setzen sich an meinen Tisch und überboten einander mit den kulinarischen Köstlichkeiten, die sie selbstredend eigenhändig zubereitet hatten. Kaum hatte eine Deliktesse meinen Gaumen verlassen, landete bereits der nächste Hochgenuss auf meinem Teller. Zudem quittierten sie jedes einzelne meiner thailändischen Worte mit einer Jubelarie und einem Lächeln, das ganze Eisberge zum schmelzen hätte bringen können. Als sie dann noch zum Nachtisch Kanom Mor-Gaeng servierten, eine Süßspeise aus Ei und Kokosmilch, die ich als eine Art thailändische Crema Catalana bezeichnen würde, hätte ich allen sieben am liebsten einen dicken Schmatzer verpasst.

Am Nachmittag wurden dann die Ausstellungsräume gesäubert, wobei ich Bekanntschaft mit einem Kakerlakennest und gefährlich, bunt schimmernden Spinnen machte. Anschließend wurden die Objekte den unterschiedlichen Ausstellungsbereichen zugeordnet und in den Vitrinen platziert. Insgesamt entstanden acht Ausstellungsräume, welche die verschiedenen Facetten des traditionellen ländlichen Lebens in Thailand thematisieren.

Als die Kinder, die wirklich lange Zeit tapfer und ausdauernd mitgeholfen hatten, begannen sich selbst, anstelle der Objekte mit dem Hochdruckreiniger zu säubern, mit den Karren Wettrennen veranstalteten und weiteren Blödsinn anstellten, beschlossen wir die Arbeit für den ersten Tag zu beenden. Wir würden aber wiederkommen. Noch lag viel Arbeit vor uns…

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